Planung von Luftentfeuchtungssystemen: Fünfstufige Methodik für Ingenieurinnen und Ingenieure

Autor: Technische Abteilung von Mycond

Die effiziente Auslegung eines Luftentfeuchtungssystems erfordert einen systematischen Ansatz, der weit über die bloße Auswahl eines Entfeuchters nach Leistung hinausgeht. Ein typischer Fehler vieler Ingenieurinnen und Ingenieure ist der übermäßige Fokus auf die mechanische Ausrüstung, während architektonische und regelungsseitige Lösungen vernachlässigt werden. Tatsächlich können architektonische Gebäudemerkmale, gebäudetechnische Systeme und eine korrekt organisierte Regelung die Feuchtelast nicht weniger beeinflussen als die Leistung des Entfeuchters selbst. Häufig versucht man, Defizite in Konstruktion oder Regelung durch eine höhere Entfeuchterleistung zu kompensieren, was zu überhöhten Investitions- und hohen Betriebskosten führt.

Planung des Luftentfeuchtungssystems: Fünfstufige Methodologie für Ingenieure

Erster Schritt: Zieldefinition des Projekts

Eine klare Zieldefinition ist das Fundament einer erfolgreichen Auslegung eines Entfeuchtungssystems. Unterschiedliche Ziele erfordern grundsätzlich verschiedene technische Lösungen. Beispielsweise reicht es zur Schimmelprävention in einem Getreidelager, die relative Luftfeuchte unter 65–70 % mit einem Toleranzband von ±5 % zu halten – das lässt sich mit einfachen Kälte-Entfeuchtern erreichen. Dagegen erfordert die Korrosionsvermeidung bei Lithium-Akkumulatoren eine Regelgenauigkeit von ±2 % RH bei einer absoluten Feuchte von maximal 3–4 g/kg, was den Einsatz von Sorptionssystemen mit präziser Regelung notwendig macht.

Ein reales Beispiel für fehlgeschlagene Auslegung: In einem Lager für elektronische Komponenten in Hamburg wurde die Anforderung, innen 40 % RH zu halten, formal erfüllt. Dennoch bildete sich am kalten Metalldach Kondensat, was zur Korrosion der Metallkonstruktionen und zur Verunreinigung der Produkte führte. Ursache: Temperaturgradienten und der Taupunkt im Raum wurden nicht berücksichtigt. Eine korrekt formulierte Zielsetzung hätte nicht nur die relative Luftfeuchte, sondern auch die Vermeidung von Kondensation an den kältesten Oberflächen umfasst.

Bei der Zieldefinition sollten folgende Fragen beantwortet werden: Wie hoch ist der maximal zulässige Feuchtewert, der für Materialien oder Prozesse kritisch ist; welche Regelgenauigkeit ist erforderlich; gibt es Temperaturgradienten im Raum; wie viele Stunden pro Jahr sind Abweichungen zulässig; welche wirtschaftlichen Folgen hat unzureichende Entfeuchtung; welche Betriebskosten sind akzeptabel.

Zweiter Schritt: Festlegung von Regelbereichen und Toleranzen

Einer der häufigsten Fehler ist die Spezifikation der Feuchte nur in relativen Einheiten (% RH) ohne Bezug zur Temperatur. Wichtig ist zu verstehen, dass derselbe relative Feuchtewert von 30 % bei unterschiedlichen Temperaturen völlig unterschiedliche Wasserdampfgehalte bedeutet. Beispielsweise enthält Luft bei 20 °C und 30 % RH 5,2 g/kg Feuchte, während sie bei 30 °C und denselben 30 % RH bereits 8,1 g/kg enthält – ein Unterschied von 55 %.

Luftentfeuchter bei niedrigen Temperaturen 5-35°C Mycond Roomer Smart 25

Für die Auswahl von Auslegungsaußenbedingungen empfiehlt es sich, ASHRAE-Daten mit unterschiedlichen Deckungsgraden zu verwenden. Für Wien betragen die Auslegungswerte beispielsweise bei 0,4 % (Bedingungen, die an weniger als 35 Stunden pro Jahr auftreten): 30,5 °C und 13,9 g/kg; bei 1,0 %: 29,2 °C und 12,7 g/kg; und bei 2,0 %: 28,1 °C und 12,0 g/kg. Die Wahl des Deckungsgrads hängt von der Kritikalität der einzuhaltenden Parameter ab.

Die Regelgenauigkeit beeinflusst die Systemkosten erheblich. Ein System mit einem Toleranzband von ±10 % RH kann 1,5- bis 2-mal günstiger sein als ein System mit ±2 % RH. Gleichzeitig steigen die Betriebskosten mit zunehmender Genauigkeit überproportional, insbesondere bei Werten unter 30 % RH.

Dritter Schritt: Berechnung der Feuchtelasten

Für eine präzise Auslegung des Entfeuchtungssystems müssen alle Feuchtequellen berücksichtigt werden: Infiltration durch die Gebäudehülle, Feuchte, die mit der Zuluft eingebracht wird, Verdunstung von offenen Wasserflächen, Feuchteabgabe durch Personen, Feuchteabgabe durch Materialien und Produkte, Feuchteeintrag durch Wände, Feuchte, die durch geöffnete Türen und Fenster eindringt.

Die Berechnung des Feuchteeintrags durch Wände kann mit folgender Formel erfolgen: W = μ × A × (Pзовн - Pвнутр) / d, wobei W der Feuchtestrom (g/h) ist, μ der Dampfdiffusionskoeffizient des Materials (g/(m·h·Pa)), A die Oberfläche (m²), Pзовн und Pвнутр die partiellen Wasserdampfdrucke außen und innen (Pa) und d die Wanddicke (m). Beispiel: Für eine Wand mit 100 m² Fläche, einer Dampfdurchlässigkeit von 0.03 g/(m·h·Pa), einer Dicke von 0.2 m und partiellen Drücken von 1800 Pa außen und 800 Pa innen ergibt sich: W = 0.03 × 100 × (1800 - 800) / 0.2 = 1500 g/h.

Die Feuchteabgabe von Personen hängt von der Aktivität ab: W = n × q, wobei n die Anzahl der Personen und q die spezifische Feuchteabgabe (g/h pro Person) ist. Bei mäßiger Aktivität gilt q ≈ 100 g/h, bei hoher 150–200 g/h. Beispiel: 10 Beschäftigte mit mäßiger Aktivität geben 10 × 100 = 1000 g/h Feuchte ab.

Vierter Schritt: Auswahl der Ausrüstung

Die Wahl zwischen kältebasierten (Kondensations-) und Sorptionssystemen hängt von den benötigten Luftparametern ab. Kältesysteme sind effizient bei Temperaturen über 15 °C und Zielwerten der relativen Feuchte nicht unter 40–45 %. Sorptionssysteme sind erforderlich, um niedrige Feuchten (unter 40 % RH) zu halten oder bei Betrieb bei niedrigen Temperaturen.

Kombinierte Systeme verbinden die Vorteile beider Typen und ermöglichen 30–40 % Energieeinsparung. Dabei reduziert das Kältemodul die absolute Feuchte auf ein Zwischenniveau, während das Sorptionsmodul die Endentfeuchtung übernimmt und mit geringerer Last arbeitet.

Kompressionsluftentfeuchter R410A: Stabile Leistung Mycond MID MSP

Der erforderliche Volumenstrom trockener Luft berechnet sich nach: V = W / (xприпл - xсух), wobei V der Luftvolumenstrom (m³/h) ist, W die Feuchtelast (g/h), xприпл der Feuchtegehalt der Zuluft (g/kg) und xсух der Feuchtegehalt der trockenen Luft (g/kg). Beispiel: Für eine Last von 5000 g/h, einen Zuluft-Feuchtegehalt von 12 g/kg und einen geforderten Feuchtegehalt von 6 g/kg ergibt sich V = 5000 / (12 - 6) = 833 m³/h.

Fünfter Schritt: Regelungssystem

Feuchteregelungen werden nach Genauigkeit in drei Typen eingeteilt: einfache Hygrostate mit ±5–10 %, Industrie-Controller mit ±3–5 %, Präzisionssysteme mit ±1–2 %. Die Auswahl hängt von Projektanforderungen und Budget ab.

Zur Leistungsmodulation von Sorptionsentfeuchtern verwendet man entweder einen Bypass eines Teils der Luft am Rotor vorbei oder die Veränderung der Regenerationstemperatur. Letzteres ist energieeffizienter, erfordert jedoch eine komplexere Regelung.

Wand-Hygrostat: Automatische Feuchtigkeitskontrolle Mycond Link

Die korrekte Platzierung der Feuchtesensoren ist kritisch: Sie sollten in der Zone mit dem höchsten Kondensationsrisiko oder auf Höhe der zu schützenden Ausrüstung platziert werden; Sensoren dürfen nicht in der Nähe von Wärme-, Kälte- oder Feuchtequellen installiert werden; für Räume mit Temperaturgradienten empfiehlt sich der zusätzliche Einsatz von Taupunktsensoren an kalten Oberflächen.

Kostenoptimierung und typische Fehler

Die Reduzierung der Investitionskosten wird durch die Minimierung der Feuchtelasten erreicht: Verbesserung der Luftdichtheit des Raums, Einsatz von Materialien mit geringer Dampfdurchlässigkeit, Installation von Luftschleiern an Eingängen, Optimierung der Regelbereiche entsprechend dem tatsächlichen Bedarf, Einsatz kombinierter Entfeuchtungssysteme statt reiner Sorptionssysteme.

Die Betriebskosten können gesenkt werden durch Wärmerückgewinnung aus dem Entfeuchtungsprozess, Nutzung von Niedertemperatur-Energiequellen zur Regeneration in Sorptionssystemen, saisonale Optimierung der Betriebsweisen, Anpassung der Sollwerte in Abhängigkeit von der Belegung bzw. Auslastung des Raums.

Zu den typischen Auslegungsfehlern zählen: Auswahl des Entfeuchters ausschließlich nach Nennleistung ohne Berücksichtigung der realen Betriebsbedingungen, was zu Leistungsmangel führt; Ignorieren von Temperaturgradienten im Raum, was Kondensation an kalten Oberflächen selbst bei akzeptabler mittlerer Luftfeuchte verursacht; fehlender Schutz vor Überentfeuchtung, was zur Austrocknung von Materialien und zu überhöhtem Energieverbrauch führt.

FAQ

Warum sollte man Feuchte nicht nur in Prozent RH spezifizieren?

Die relative Feuchte hängt von der Temperatur ab. Derselbe RH-Wert entspricht daher bei unterschiedlichen Temperaturen verschiedenen Feuchtemengen. Für eine präzise Spezifikation sollten absolute Feuchte (g/kg) oder der Taupunkt angegeben werden.

Wie lautet die praktische Taupunktgrenze für kältebasierte Systeme?

Kondensationsentfeuchter sind bis zu einem Taupunkt von etwa +7 °C effizient. Bei niedrigeren Werten sind Sorptionssysteme oder Technologiekombinationen erforderlich.

Wann lohnt sich der Einsatz kombinierter Systeme?

Kombinierte Systeme sind sinnvoll, wenn eine relative Feuchte unter 40 % gehalten werden muss oder sehr hohe Feuchtelasten vorliegen. Sie ermöglichen 30–40 % Energieeinsparung gegenüber reinen Sorptionssystemen.

Wie platziert man Feuchtesensoren richtig?

Sensoren sollten in der Schutzzone der Ausrüstung und fern von Wärme-, Kälte- und Feuchtequellen installiert werden. In kritischen Anwendungen werden zusätzlich Sensoren auf kalten Oberflächen installiert, um Kondensation zu verhindern.

Welchen Infiltrationszuschlag sollte man in Produktionsbereichen ansetzen?

Typisch sind 20–30 % der berechneten Last für Neubauten und 40–50 % für ältere Gebäude mit unzureichender Abdichtung.

Wie ist die typische Amortisationszeit eines gut ausgelegten Systems?

Ein gut ausgelegtes Entfeuchtungssystem amortisiert sich in 2–4 Jahren durch geringere Betriebskosten, weniger Geräteausfälle und höhere Produktqualität.

Fazit

Die fünfstufige Methodik zur Auslegung von Luftentfeuchtungssystemen ist ein systemischer Ansatz, der technische wie wirtschaftliche Aspekte des Projekts optimiert. Eine korrekte Zieldefinition, die Festlegung von Regelbereichen, die präzise Lastberechnung, die optimale Ausrüstungsauswahl sowie eine effiziente Regelung sind der Schlüssel zum Erfolg. Die Anwendung dieser Methodik hilft Ingenieurinnen und Ingenieuren, typische Auslegungsfehler zu vermeiden, Investitions- und Betriebskosten um 20–40 % zu senken und einen zuverlässigen Schutz von Ausrüstung und Materialien vor übermäßiger Feuchte sicherzustellen.